Der fortschreitende Klimawandel ist messbar: 2024 wurde erstmals die 1.5-Grad-Marke überschritten. Das bedeutet, dass die globale Durchschnittstemperatur zum ersten Mal mehr als 1.5 Grad Celsius über dem Referenzwert der vorindustriellen Periode (1850–1900) lag. Dieser Wert wurde im Pariser Klimaabkommen von 2015 als kritische Schwelle definiert, um die gravierendsten Folgen des Klimawandels abzuwenden. Zwar liegt der Fünfjahresdurchschnitt weiterhin unterhalb dieser Grenze, doch die Auswirkungen sind längst spürbar – besonders in Europa.
Ein wichtiger Grund: Auf der Nordhalbkugel gibt es weit mehr Landmassen als auf der Südhalbkugel, und Landmassen erwärmen sich deutlich stärker und schneller als die Ozeanoberfläche. In Europa sind die Temperaturen daher überdurchschnittlich stark angestiegen. Selbst der Fünfjahresdurchschnitt liegt hier bereits seit 2016 klar über der 2-Grad-Marke.
Die Auswirkungen des Klimawandels sind längst unübersehbar: Hitzewellen, Unwetter und Starkregen treten immer häufiger auf und setzen Gebäude sowie Infrastrukturen massiv unter Druck. Die daraus entstehenden Schäden können enorm sein: Gemäss dem Schweizerischen Versicherungsverband (SVV) verursachten Unwetter im Sommer 2024 im Wallis und im Tessin Schäden in der Höhe von 160 bis 200 Millionen Franken. Noch drastischer war die Flutkatastrophe von 2021 im deutschen Ahrtal, die Schäden in der Höhe von rund 40.5 Milliarden Euro hinterliess – wovon lediglich etwa 20% versichert waren (Quelle: Prognos).
Neben akuten Extremwettereignissen bringt der Klimawandel auch schleichende, chronische Veränderungen mit sich. So führen steigende Temperaturen insbesondere in Städten zu einer starken Hitzebelastung und treiben die Kühlkosten in die Höhe. Dies wirft die Frage auf, wie stark der Schweizer Gebäudepark von diesen Risiken betroffen sein wird.
Um diese Frage beantworten zu können, hat Wüest Partner gemeinsam mit CLIMADA Technologies eine Studie durchgeführt (mehr zu dieser Kooperation finden Sie im Blogartikel «Klimarisiken in der Immobilienbranche: Wüest Partner kooperiert mit CLIMADA Technologies»). Dabei wurde für jedes Gebäude der Schweiz analysiert, ob es künftig von den Risiken Starkregen, Hitze, Sturm oder Hochwasser betroffen sein könnte. CLIMADA Technologies verwendet dafür Klimamodelle, die auf Basis der aktuellen Situation mögliche Entwicklungen des Klimas simulieren. Da verschiedene Modelle unterschiedliche Stärken und Schwächen aufweisen, kam für diese Studie ein Ensemble aus mehreren Klimamodellen auf der Grundlage von RCP- und SSP-Szenarien (vgl. unten) zum Einsatz.
Mithilfe von Klimamodellen lässt sich abschätzen, wie sich die Auswirkungen des Klimawandels je nach Emissionsszenario entwickeln könnten. Diese Modelle basieren auf physikalischen Gleichungen und bilden die Atmosphäre der Erde mithilfe eines dreidimensionalen Gitters ab. Dabei berechnen sie den Austausch von Energie, Masse und Impuls zwischen Atmosphäre, Ozeanen, Landflächen und Eisschilden. Es werden Einflussfaktoren wie Treibhausgase, Aerosole oder Landnutzungsänderungen vorgegeben, sodass die Modelle verschiedene Szenarien bis zum Ende des laufenden Jahrhunderts simulieren können.
Wegen der enormen Datenmengen und des hohen Rechenaufwands arbeiten globale Modelle in der Regel mit einer vergleichsweise groben räumlichen Auflösung von etwa 10 bis 100 Kilometern. Während sich grossräumige und langfristige Entwicklungen damit zuverlässig abbilden lassen, können feinere Prozesse – beispielsweise Gewitter oder lokale Effekte – nur eingeschränkt dargestellt werden.
Klimamodelle sind zudem in der Lage, Annahmen über die künftige Entwicklung verschiedener Einflussfaktoren in ihre Berechnung einzubeziehen. Diese Annahmen werden durch Emissionsszenarien beschrieben, die illustrieren, wie sich Emissionen und andere klimarelevante Faktoren (z.B. gesellschaftliche, wirtschaftliche oder politische Entwicklungen) künftig verändern könnten.
Das «Intergovernmental Panel on Climate Change» (IPCC, auf Deutsch: Weltklimarat) ist ein wissenschaftliches Gremium der Vereinten Nationen, das regelmässig den Stand der Klimaforschung zusammenfasst und bewertet. In seinem 5. Sachstandsbericht (2014) nutzte es für Modellberechnungen die sogenannten RCP-Szenarien (Representative Concentration Pathways). Diese Szenarien bilden verschiedene Entwicklungen des zusätzlichen Strahlungsantriebs ab. Gemeint ist damit die durch Treibhausgase und Aerosole verursachte Veränderung im Energiehaushalt der Erde: ein Energieüberschuss, der in der Atmosphäre verbleibt, weil mehr Strahlung aufgenommen als wieder abgegeben wird.
Die RCP-Szenarien reichen von ambitionierten Klimaschutzmassnahmen bis hin zu ungebremsten Emissionen. Die Zahl hinter der Abkürzung steht für den zusätzlichen Strahlungsantrieb, der bis Ende des Jahrhunderts prognostiziert wird.
Die RCP-Szenarien berücksichtigen keine expliziten gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Entwicklungspfade. Im 6. Sachstandsbericht des IPCC (2023) kamen daher die SSP-Szenarien (Shared Socioeconomic Pathways) zum Einsatz. Anders als die RCP-Szenarien beinhalten die SSP-Szenarien narrative Pfade für die gesellschaftliche Entwicklung, etwa hinsichtlich Bevölkerungswachstum, Bildung, Energieverbrauch oder internationaler Kooperation.
Die SSP-Szenarien werden oft mit den RCP-Szenarien kombiniert. Durch die Verknüpfung von emissionsbezogenen (RCP) und sozioökonomischen (SSP) Annahmen lassen sich realistischere Zukunftsszenarien simulieren. So basiert zum Beispiel das Szenario SSP1-2.6 auf der Kombination von SSP1 und RCP2.6.
In unserer Studie haben wir untersucht, wie sich die oben beschriebenen Szenarien auf die Häufigkeit und Intensität von vier für die Schweiz besonders relevanten Naturgefahren auswirken:
Diese Gefahren entstehen als Folge von Wetterextreme und betreffen den Gebäudepark Schweiz unmittelbar. (Mehr zu Naturgefahren erfahren Sie im gleichzeitig erschienenen Immo-Monitoring-Kapitel «Naturgefahren und ihr Einfluss auf den Immobilienmarkt».)
Für Starkregen, Hitze und Stürme verwendeten wir drei Szenarien: SSP1-2.6 (nachhaltige Entwicklung, kurz SSP1), SSP2-4.5 (Fortsetzung des bisherigen Trends, kurz SSP2) und SSP5-8.5 (Worst-Case-Szenario, kurz SSP5).
Bei Hochwasser kamen die entsprechenden RCP-Szenarien 2.6, 4.5 und 8.5 zum Einsatz.
Als Betrachtungszeiträume dienten die Jahre 2030, 2050 und 2080. Die regionalen Entwicklungen analysierten wir auf Ebene der 106 MS-Regionen.
Um das Risiko durch diese vier Gefahren einzustufen, nutzten wir ein von CLIMADA Technologies entwickeltes, risikospezifisches Rating:
Niederschläge entstehen, wenn feuchte Luft aufsteigt, abkühlt und der Wasserdampf kondensiert. Sobald die daraus entstehenden Wassertröpfchen zu schwer werden, fallen sie als Regen, Schnee oder Hagel zu Boden. Gebirge verstärken diesen Prozess, weil sie Luftmassen zusätzlich zum Aufsteigen zwingen, was zu häufigeren und intensiveren Niederschlägen in Bergregionen führt. Durch den Klimawandel erwärmt sich die Atmosphäre, und da wärmere Luft pro Grad Celsius etwa 7% mehr Wasserdampf aufnehmen kann, verändert sich sowohl die Verteilung als auch die Intensität der Niederschläge.
Starkregen kann zu Sturzfluten führen, die Kanalisationen überlasten und Wassereinbrüche in Keller und Erdgeschosse zur Folge haben. Sind Dachentwässerungen, zum Beispiel Regenrinnen, zu klein dimensioniert, drohen zudem Schäden an Dach oder Fassade. Längerer Kontakt mit Feuchtigkeit oder stehendem Wasser kann Fundament, Fassade oder Dämmung beschädigen. Dauerhaft durchfeuchtete Wände oder Böden gefährden die Bausubstanz und erhöhen das Schimmelrisiko. Ausserdem kann vernässter Untergrund die Stabilität von Hängen mindern und Rutschungen, Hangmuren oder Murgänge auslösen. Für das individuelle Risiko eines Gebäudes sind deshalb die örtlichen Gegebenheiten wie Hanglage, Nähe zu kleinen Bächen oder Grad der Versiegelung entscheidend.
Im Jahr 2000 waren in der Schweiz knapp 20% der Gebäude einem hohen oder sehr hohen Starkregenrisiko ausgesetzt. Dieser Anteil dürfte in den kommenden Jahren deutlich ansteigen. Bis 2030 wird über ein Drittel der Gebäude betroffen sein, bis 2050 rund die Hälfte. Danach könnte sich dieser Wert stabilisieren – allerdings nur, wenn es gelingt, die Treibhausgasemissionen drastisch zu reduzieren und damit den Temperaturanstieg zu bremsen (SSP1). Wenn die Entwicklung weitergeht wie bisher (SSP2), werden in 50 Jahren bereits 90% der Gebäude den Risiken von Starkregen ausgesetzt sein. Und folgt die Entwicklung dem Worst-Case-Szenario SSP5, ist langfristig die gesamte Schweiz und damit 100% des Gebäudeparks betroffen. Dies zeigt, wie wichtig es für Eigentümerinnen und Eigentümer von Immobilien ist, das Starkregenrisiko ernst zu nehmen und rechtzeitig Massnahmen zum Schutz ihrer Gebäude zu ergreifen.
Heute besteht insbesondere in den alpinen und hochalpinen Gebieten der Schweiz ein hohes Risiko für Starkregen. Ein eindrückliches Beispiel dafür waren die verheerenden Niederschläge im Sommer 2024 im Wallis und im Tessin. Als Folge des Klimawandels werden Niederschläge künftig noch intensiver ausfallen, und das Starkregenrisiko wird sich geografisch weiter ausdehnen. In 25 Jahren wird daher auch ein grosser Teil der Gebäude in den voralpinen Gebieten einem hohen bis sehr hohen Risiko ausgesetzt sein.
Treibhausgase wie CO₂ und Methan lassen die Sonnenstrahlung zwar ungehindert bis zur Erdoberfläche durch, blockieren aber einen Teil der Wärmestrahlung, die die Erde wieder ins All abgeben will. Dadurch heizen sich die Atmosphäre und die Erdoberfläche laufend auf (Treibhauseffekt). Zusätzlich führen Veränderungen in der Atmosphärendynamik dazu, dass lange Hitzeperioden häufiger auftreten, was vermehrte und intensivere Hitzetage mit sich bringt.
Bei steigenden Temperaturen kann es zu verstärkter Materialausdehnung und -ermüdung kommen, worunter die Bausubstanz leidet. Hitze beeinträchtigt zudem die Effizienz von Kühl- und Lüftungssystemen und führt zu einem erhöhten Energiebedarf. Überhitzte Innenräume mindern ausserdem die Aufenthaltsqualität und können die Gesundheit der Nutzerinnen und Nutzer beeinträchtigen. Langfristig kann dies die Nachfrage nach betroffenen Immobilien senken.
Für die Bewertung von Hitzerisiken wird bewusst kein fixer Temperaturgrenzwert festgelegt, denn Gebäude sind jeweils an das lokale Klima angepasst – etwa durch Isolation, Dachform, Fenstergrösse und eventuell vorhandene Kühlsysteme. Eine Tagestemperatur von 35 Grad Celsius ist in Norddeutschland aussergewöhnlich und kann bei unzureichender Bauweise oder fehlender Klimatisierung zu Problemen führen. In Südspanien dagegen gelten 35 Grad Celsius als normale Temperatur an einem Sommertag. Wohnungen und Lebensgewohnheiten sind dort entsprechend ausgerichtet.
Entscheidend ist also, wie stark die Temperatur von lokalen Durchschnittswerten abweicht. Je öfter diese Temperaturabweichungen auftreten und je stärker sie ausfallen, desto grösser ist das Risiko, dass es zu Materialschäden kommt oder dass die Vermietbarkeit abnimmt. Um Mietausfälle zu vermeiden, sind oft teure Umrüstungen – etwa die Ausstattung oder Optimierung mit (effizienteren) Klimaanlagen – oder umfassende Sanierungen erforderlich.
Das Hitzerisiko ist in der Schweiz derzeit noch sehr gering. Selbst unter Berücksichtigung der Risikostufe «3 = Mittel» sind nur knapp 0.5% der Gebäude davon betroffen. Unter Annahme des Worst-Case-Szenarios SSP5 könnte dieser Anteil jedoch bis Ende des Jahrhunderts auf über 90% steigen. Die Spannweite zwischen den Szenarien ist sehr gross: Gelingt es, die Treibhausgasemissionen zu senken, können Investitionen in aufwändige Gebäudeertüchtigungen eingespart und Wertverluste vermieden werden.
Das Hitzerisiko ist heute in der ganzen Schweiz noch sehr gering. In fast allen MS-Regionen sind weniger als 0.5% der Gebäude von einem Risiko ab Stufe 3 betroffen. Eine Ausnahme bildet die Region Morges nördlich des Genfersees, die zu den wärmsten Gebieten der Schweiz zählt und wo bereits heute 41% der Gebäude gefährdet sind.
Bis 2050 wird der Anteil hitzegefährdeter Gebäude in weiten Teilen der Schweiz deutlich steigen, insbesondere im westlichen und östlichen Mittelland, im südlichen Tessin sowie in und um Basel. Ausschlaggebend ist dabei, dass die Temperatur an tieferen Lagen generell höher ausfällt. So gilt etwa derzeit in der Stadt Zürich kein Gebäude als hitzegefährdet. Im Jahr 2050 könnten es jedoch bereits bis zu 85% sein, sollte sich das Emissionsszenario SSP5 bewahrheiten. In dicht bebauten Grossstädten verstärkt der Effekt urbaner Wärmeinseln das Risiko zusätzlich.
Winde entstehen meist aufgrund des Druckgefälles zwischen einem Hoch- und einem Tiefdruckgebiet. Je grösser dieser Druckunterschied, desto stärker ist der Wind, wobei Temperaturgegensätze und Feuchtigkeit zusätzliche Energie liefern – insbesondere bei Unwettern oder tropischen Stürmen. Da wärmere Luft mehr Energie und Feuchtigkeit enthält, kann der Klimawandel grundsätzlich zu heftigeren Stürmen führen. Gleichzeitig erwärmen sich die Pole schneller als die tropischen Regionen. Dadurch verringern sich die Temperaturkontraste – und damit das Druckgefälle –, was in manchen Regionen auch zu einer Abnahme der Windstärken führen könnte. Die grossräumigen Zirkulationssysteme verändern sich somit; regionale Prognosen zur zukünftigen Entwicklung der Windgeschwindigkeiten sind daher sehr komplex und unsicher. Zudem können lokale Gegebenheiten, gerade bei Gebirgsstrukturen, sehr unterschiedlich sein (zum Beispiel Föhn). Auch die Oberflächenrauigkeit spielt eine Rolle: In urbanen Gebieten ist die Oberfläche unebener, was den Wind bremst. Wo Wälder abgeholzt werden, fehlt hingegen der natürliche Windschutz, womit Windböen ungehindert auf die Erdoberfläche treffen können.
Stürme können Dächer abdecken, Fassaden beschädigen und durch umherfliegende Gegenstände Fenster oder Türen zerstören. Herabfallende Äste oder umstürzende Bäume stellen ebenfalls ein erhebliches Risiko für Gebäude dar. Starke Winde können zudem Baugerüste oder schlecht befestigte Bauteile lösen und so Menschen und Bausubstanz gefährden.
Derzeit sind hierzulande weniger als 20% aller Gebäude einem hohen oder sehr hohen Sturmrisiko ausgesetzt. Wie sich die Lage entwickeln wird, ist unklar, da die Klimamodelle zur Häufigkeit und Intensität von Winden widersprüchliche Ergebnisse liefern. Nach aktueller Datenlage zeigt sich für die Schweiz eine Tendenz zu eher geringeren Windgeschwindigkeiten. Interessant ist ausserdem, dass im Szenario SSP2 von teilweise höheren Windgeschwindigkeiten ausgegangen wird als im Szenario SSP5.
In höheren Lagen sind die Windgeschwindigkeiten tendenziell höher, weil die Luft dort ungehinderter strömen kann. Dadurch ist das Sturmrisiko in alpinen und hochalpinen Regionen deutlich grösser als im Mittelland. Auch im Jura ist dieser Effekt spürbar. Die insgesamt leicht rückläufige Tendenz der Windgeschwindigkeiten in der Schweiz zeigt sich insbesondere in den westlichen Alpenregionen, was dort zu einer leichten Abnahme des Sturmrisikos führen könnte. Allerdings bleibt die Prognose unsicher, da die komplexen Prozesse bei der Entstehung von Stürmen klare Vorhersagen erschweren.
Unter Hochwasser verstehen wir langsam ansteigendes Wasser nach lang anhaltendem oder grossflächig auftretendem Regen bzw. infolge von Schneeschmelze. Betroffen sind vor allem Flüsse und grosse Seen. Das Wasser steigt innerhalb von Stunden oder Tagen an und hält den erhöhten Pegel oft mehrere Tage. Hochwasser lassen sich daher in der Regel vorhersagen und betreffen oft grössere Regionen.
Hochwasser kann Gebäude fluten und schwere Schäden an Bausubstanz, elektrischen Anlagen und Inventar verursachen. Feuchtigkeit begünstigt die Schimmelbildung und kann die Tragfähigkeit von Wänden und Fundamenten beeinträchtigen. Darüber hinaus besteht das Risiko von Rückstau in Abwasserleitungen sowie von Kontaminationen durch Schadstoffe oder Abwässer.
Um die folgenden Ausführungen richtig einzuordnen, ist es wichtig, Sturzfluten und Oberflächenabfluss von Hochwasser zu unterscheiden.
Da kurze, sehr heftige Regenfälle in Europa und in der Schweiz stark zunehmen (siehe oben den Absatz «Starkregen»), dürften auch Sturzfluten und Oberflächenabflüsse häufiger und intensiver werden.
Obwohl heftige Regenfälle insgesamt zunehmen, ist das Flusshochwasserrisiko in der Schweiz eher rückläufig – es hängt allerdings stark von lokalen Bedingungen und Schutzmassnahmen ab. Entscheidend für Flusshochwasser sind lang anhaltende, intensive Niederschläge, die hierzulande gemäss aktuellen Prognosen tendenziell abnehmen werden. Darüber hinaus verlagern sich Niederschläge immer mehr in den Winter, in dem das Hochwasserrisiko geringer ist als im Sommer. Hinzu kommt, dass in den für die Studie konsultierten Daten Schutzmassnahmen gegen Hochwasser berücksichtigt sind, die das Risiko weiter senken.
Was Immobilien angeht, so ist die Nähe zu Gewässern der wichtigste Faktor. Ein hohes oder sehr Hochwasserrisiko besteht derzeit bei weniger als 2% der Gebäude in der Schweiz.
Am grössten ist das Hochwasserrisiko in der Nähe grosser Flüsse und Seen – vor allem entlang der Rhone, der Aare, des Rheins und der Reuss sowie an den grossen Seen im Mittelland. Die höchsten Gefährdungswerte finden sich in der MS-Region La Vallée, wo über die Hälfte der Gebäude von Hochwasser bedroht ist. In der Region Martigny sind knapp 20% der Gebäude durch Hochwasser der Rhone gefährdet. Ebenfalls betroffen ist die Linthebene mit den MS-Regionen Glarner Unterland, March-Höfe und Linthgebiet, wo bis zu 15% der Gebäude bedroht sind. Eine geografische Verschiebung der Risikogebiete ist in den kommenden Jahrzehnten nicht zu erwarten; allenfalls ist mit punktuellen, leichten Abnahmen zu rechnen.
Der Schweizer Gebäudepark ist zunehmend Klimarisiken ausgesetzt. Extremereignisse wie schwere Unwetter, Sturzfluten und Hitzewellen verursachen bereits heute beträchtliche Schäden. Insbesondere die Gefahren durch Starkregen und Hitze werden in den kommenden Jahrzehnten voraussichtlich stark zunehmen. Je nach Emissionsszenario könnten bis 2080 nahezu alle Gebäude in der Schweiz davon betroffen sein. Bei Sturm und Hochwasser ist die Ausgangslage etwas differenzierter: Die Risiken sind regional sehr unterschiedlich ausgeprägt, und Klimamodelle deuten in einigen Gebieten auf eine Abnahme gewisser Risiken hin. Allerdings erschwert die Komplexität der atmosphärischen Prozesse eindeutige Vorhersagen.
Wie stark sich die Klimarisiken künftig verschärfen, hängt entscheidend von unserem heutigen Verhalten ab. Klimamodelle zeigen unmissverständlich, dass Szenarien mit hohen Emissionen und nicht nachhaltiger sozioökonomischer Entwicklung – etwa SSP5-8.5 – weitaus gravierendere Folgen mit sich bringen als nachhaltigere Entwicklungspfade wie SSP1-2.6. Anders ausgedrückt: Wir tragen massgeblich dazu bei, wie stark sich das Klima verändern wird – durch unseren Treibhausgasausstoss, unseren Lebensstil, unsere Energieerzeugung, unser Konsumverhalten und unsere Bauweise.
Wie in dieser Studie dargelegt, sind immer mehr Immobilien in der Schweiz von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Dies kann zu Wertverlusten führen und macht in vielen Fällen bauliche Anpassungen erforderlich, um solche Verluste zu vermeiden oder zumindest zu begrenzen. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass der Schweizer Gebäudepark derzeit rund ein Viertel der gesamten Treibhausgasemissionen der Schweiz verursacht. Zwar konnten diese Emissionen seit 1990 bereits um etwa 44% gesenkt werden – ein wichtiger Schritt in Richtung Netto-Null-Ziel. Dennoch bleibt der Handlungsbedarf gross: Der Gebäudepark kann und muss weiterhin einen wesentlichen Beitrag leisten, damit die Folgen des Klimawandels so gering wie möglich gehalten werden können – nicht zuletzt im eigenen Interesse.
CLIMADA Technologies, ERA5 (Copernicus), Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), Prognos, Wüest Partner